„Andreas, Jakob!“ ruft in diesem Moment eine Mädchenstimme in ihrem Rücken. Alle drei drehen sich um. Am Anfang der Buhne, etwa vierzig Schritte von ihnen entfernt, steht eine kleine Gestalt in kurzen Hosen, winkt und ruft: „Ihr sollt nach Hause kommen!“
„Jaaaa!“ ruft Andreas zurück.
„Wer ist das?“, fragt Adenauer.
„Meine Kusine“, antwortet Andreas und fängt an, seine Angelsachen zusammenzupacken.
„Und meine Kusine“, sagt Jakob. „Weißt du was, Herr Mann Josef? Sie kann nicht mal angeln. Obwohl sie sogar so heißt.“
„Wie heißt sie denn?“
„Angela.“
„Angela. Ich glaube, das hat mit Angeln nichts zu tun.“
„Ich weiß“, sagt Andreas. „Das kommt von Engel.“
„Ist sie denn ein Engel?“
„Na ja“, erklärt Andreas achselzuckend. „Sie hat jedenfalls nie Lust zum Spielen.“
„Deshalb kann sie auch kein Engel sein“, stellt Jakob fachmännisch fest. „Oder, Herr Mann Josef?“
„Sie löst lieber irgendwelche Aufgaben“, erläutert Andreas. „Obwohl sie doch in Ferien ist.“
„Sie hat wohl etwas nachzuholen.“
„Nein, das ist wegen einem Wettbewerb.“
„Ein Wettbewerb bei euch an der Schule?“
„Nein, sie ist nicht bei uns auf der Schule. Da, wo sie wohnt.“
„Wo wohnt sie denn?“
„Das weiß ich nicht so genau. Früher –“
„Kommt ihr?“, ruft in diesem Moment das Mädchen und winkt ein bisschen kräftiger als beim ersten Mal.
„Ja, wir kommen“, ruft Andreas zurück. Zu Adenauer sagt er: „Soll ich Ihre Angel auch zerlegen?“
„Das wäre nett. Bis zum Hotel Bellevue kann ich euch begleiten.“
„Wohnst du da?“, fragt Jakob, um sich im selben Moment heftig an die Stirn zu tippen. „Ach nein, du wohnst ja am Wald.“
Nachdem Andreas sein Angelzeug im Rucksack verstaut hat, schiebt er Adenauers Angel auseinander, hakt die Schnur am Aufwinder ein, wickelt sie auf und schlingt ein Gummiband um alle vier Teile. Dann reicht er das schmale Bündel Adenauer, der es unter den Umschlag seiner Rindsleder-Aktentasche klemmt. Gemeinsam machen sie sich auf den Rückweg, Andreas mit dem Eimer an der einen, seinem Bruder an der anderen Hand, Adenauer, mit dem Spazierstock vorsichtig über die ungefugten Steinquader stakend, hinterdrein.
Vor der Kusine, die ihren Blick mit der Hand gegen die tiefstehende Sonne beschattet, bleiben sie stehen. Adenauer schätzt sie auf dreizehn, vierzehn Jahre. Sie trägt zur Kurzhaarfrisur einen Pony, der ihre Stirn bis zu den Augenbrauen verdeckt.